Übungsdach im Feuerwehrmagazin 2/2024

„Unser“ Übungsdach hat es ins Feuerwehr-Magazin 2/2024 geschafft! Hier könnt ihr das Heft kaufen.

Sichere Sache am Übungsdach

Für ihre enge und gute Zusammenarbeit sind die neun Freiwilligen Feuerwehren im Amt Berkenthin (Kreis Herzogtum Lauenburg) bekannt. Einheitliche Schutzkleidung oder ein gemeinsames Fahrzeug für die Einsatzführung sind nur zwei Beispiele der Kooperation.

„Spezialtechnik wird bei uns nicht überall vorgehalten, da unterstützen wir uns dann bei Bedarf“, berichtet Amtswehrführer André Papalia. Jetzt sind die Gemeinden noch einen Schritt weitergegangen: Im Verbund beschafften sie neue Atemschutztechnik. „Wir beleben unser Feuerwehrkonzept immer wieder neu. Da haben die Gemeinden die Chance des gemeinsamen Einkaufs natürlich gerne genutzt“, berichtet Amtsdirektor Frank Hase.
Gegenüber dem Listenpreis für die angeschaffte Technik in Höhe von 109.000 Euro wurden so aufgrund einer Aktion als Austauschprogramm der Firma Dräger aus Lübeck nur 65.000 Euro fällig. „Die Notwendigkeit für die Beschaffung war allen Beteiligten klar gewesen“,
erklärt Amtsvorsteherin Iris Runge die breite Zustimmung in den Gemeindevertretungen.

Um das Projekt Atemschutztechnik im Amtsgebiet kümmert sich André Koop, Wehrführer in Sierksrade. Er ist auch Ausbilder für die Geräteträger (AGT) in der Feuerwehrtechnischen Zentrale (FTZ) des Kreises in Elmenhorst und Fachwart Atemschutz auf Amtsebene, kennt sich mit den Anforderungen an die Technik und die Marktlage daher bestens aus.

110 Frauen und Männer sind in den Feuerwehren des Amtes Berkenthin als AGT ausgebildet. Ihnen stehen 39 Atemschutzgeräte und 68 Masken zur Verfügung. „Dank der Sammelbeschaffung gibt es jetzt auf allen Löschfahrzeugen im Amt identische Technik“, berichtet Koop.

Wichtiger Punkt: Eigensicherung

Die Gemeinden mussten handeln, weil die bisherige – unterschiedliche – Technik mit Normal- und Überdruck bei den Geräten vom Typ PSS90 teilweise ersetzt werden musste. Aus Altersgründen und aufgrund von Ersatzteilmangel“, sagt Koop. Intensiv haben die Verantwortlichen das Angebot sondiert, im Brandübungscontainer an der Feuerwehrtechnischen Zentrale (FTZ) wur den Trageversuche absolviert. Die Wahl fiel bei der Maske schließlich auf die FPS 7000, die zuvor schon einige Wehren nutzten. Als Atemschutzgerät wählten die Feuerwehren Airboss Active. „Vor allem die Neoprenelemente (Polster der Becken- und Schultergurte) überzeugten. Es wird nicht mehr richtig nass. So ist die Pflege einfacher, weil Schmutz mit der Feuchtigkeit nicht einziehen kann“, heißt es seitens der Anwender.

Bei unserer Beschaffung war das Thema Eigensicherung ein ganz wichtiger Punkt“ erklärt Koop. Deshalb orderte die Kommune das Gurtsystem für die Atemschutzgeräte mit der integrierten Absturzsicherung Safety Belt bei Dräger. Wenn die AGT mit ihrer neuen Technik jetzt im absturzgefährdeten Bereich arbeiten müssen, etwa auf dem Dach eines brennenden Hauses, können sie den Safety Belt aktivieren und sich so mithilfe einer Bandschlinge problemlos sichern, etwa am Sparren des Dachstuhls. Würden sie dann abrutschen, würde sie das Sicherungssystem vor einem Absturz bewahren. Der Vorteil ist, dass damit jedes Gerät ausgerüstet ist, aber nicht für jeden Atemschutzgeräteträger eine persönliche Lösung über einen Haltegurt oder ein Jackensystem nötig ist, sagt Koop. Andere Feuerwehren nutzen in die jeweilige Schutzkleidung integrierte Gurte. Der Safety Belt bietet im Gegensatz zu den Jacken-Gurten auch eine Sicherungsmöglichkeit nach hinten, nicht nur nach vorne.


Die Maße des selbstgebauten Übungsdaches

Für ihr Übungsdach setzten die Feuerwehrleute aus dem Amt Berkenthin auf Konstruktionsvollholz. Die Gesamtkosten beliefen sich auf 1.800 Euro, wobei 600 Euro aus dem Haushalt des Amtes und der Rest über Spenden finanziert wurden. Das Dach bietet 25 Quadratmeter Fläche und hat ein Sockelmaß von 5 Meter Breite (Trauflänge) und 3,5 Meter am Giebel. Die Feuerwehrleute entschieden sich nur für ein halbes Dach, die Rückseite fällt senkrecht ab. Möglich ist jederzeit eine Erweiterung mit dem nötigen Ständerwerk sowie Pfetten, Sparren und Latten für eine zweite Dachhälfte.
Die Podesthöhe am First liegt bei 3,8 Metern, das Rohr für die Schachtrettung hat einen Durchmesser von 65 Zentimetern. Die Wechselmodule, die beflammt werden können, sind aus Spanplatten selbst gebaut und mit wenigen Handgriffen verschraubt. An der Unterseite gibt es kreisrunde Öffnungen, um einen Gasbrenner für die Beflammung nutzen zu können.

Hölzernes Übungsdach mit Zusatzausstattung

Weil wir jeden Träger vernünftig ausbilden wollten, haben wir uns auf die Suche nach geeigneten Möglichkeiten gemacht, berichtet Koop. Ergebnis: ein hölzerner Übungsdachstuhl im verkleinerten Maßstab. Dieser ist in Eigenleistung und dank mehrerer Sponsoren für nur 1.800 Euro Gesamtkosten auf dem Hof des Feuerwehrhauses in Kastorf entstanden. Der Standort liegt in Amt zentral und bietet den nötigen Platz.
„Daran kann jetzt jeder AGT direkt erleben, welche Vorteile ihm das System bietet. Durch eine hohe Akzeptanz wollen wir dafür sensibilisieren, das System im Einsatz auch wirklich zu nutzen. Selbst, wenn es etwas umständlich erscheint. Ohne Absturzsicherung zu agieren, ist heute nicht mehr zeitgemäß“, sagt der Wehrführer.


Bei einer gemeinsamen Übung mit der FF Ratzeburg, die ihr Teleskopmastfahrzeug (TMF) zum Übungsdach mitbrachte, konnten die Vorteile der unterschiedlichen Sicherungsarten ausprobiert werden. „Im TMF ergibt es Sinn, sich nach hinten zu sichern, um vorne frei beweglich arbeiten zu können“, erklärt Koop. Die Ratzeburger waren direkt begeistert von den Möglichkeiten. „Wir haben uns zwar schon einen Übungsturm gebaut, aber dieses Dach ist einfach klasse“, sagt Ratzeburgs Feuerwehrchef Christian Nimtz. „So eine Gelegenheit besteht sonst ja nur, wenn wir als Feuerwehr mal ein Abrisshaus nutzen können.“

Und wo das Dach schon gebaut wurde, haben sich die Feuerwehrleute gleich über weitere Details Gedanken gemacht und diese in den Dachstuhl im kleinen Maßstab integriert. So kann die Schachtrettung an einer Röhre mit 65 Zentimetern Durchmesser trainiert werden. Und es gibt unterschiedliche Dacheindeckungen, etwa aus Blech und Betonpfannen. Hier kann die Erkundung mit der Wärmebildkamera oder der Einsatz von Rettungssäge, Einreißhaken oder Löschnagel geübt werden.

Inzwischen haben die Kameraden zusätzlich ein Photovoltaik-Modul angebracht. Bei der Ausbildung zusammen mit der FF Ratzeburg entstand außerdem die Idee, noch Schornstein zu integrieren, um den Einsatz bei entsprechenden Bränden ausbilden zu können.

Einzelne Module lassen sich einfach austauschen

„Es muss nicht immer sündhaft teuer sein. Wir haben hier ein gutes Projekt realisiert, das uns standortnahe Ausbildung ermöglicht“, so Koop. Die Übungsleiter können mit einem Gasbrenner einzelne Module aus Spanplatten, deren Inhalt oder Eindeckung sie von unten beflammen können,
auf Temperatur bringen und so eine Hitzequelle bieten. Koop: „Die Module sind so ausgestattet, dass sie bei zu hohem Verschleiß nach intensiver Nutzung mit wenig Aufwand getauscht werden können.“ Dazu haben sich die Bauherren“ für Boxen aus Holz entschieden, die leicht zu montieren und zu demontieren sind. Diese sind unter den eingedeckten Sparrenfeldern montiert. Weil das Dach ohne ein Erdgeschoss auskommt, sind die Handgriffe leicht auszuführen. Trainiert werden kann am Dach auch der Einsatz von Geräten wie Fognails oder Rettungssägen. Ist die Eindeckung eines Moduls zerstört, kann es kleinteilig ohne großen Aufwand ersetzt werden.

Ein Leitfaden zeigt detailliert auf, wie die Ausbildung erfolgen soll. So werden künftig auf Amtsebene einheitliche Kenntnisse vermittelt, was den Einsatz gemischter Trupps aus unterschiedlichen Wehren einfacher macht, berichtet Koop. Über gemeinsame Besuche einer überregionalen Ausbildungsstelle ist auch Kontakt zur Berliner Feuerwehr entstanden. Die Aktiven von Deutschlands größter Feuerwehr wollen sich das Übungsdach in Kastorf bald selbst anschauen. Und sogar die Firma A. Haberkorn aus Österreich, die den Safety Belt für Dräger liefert, ist bereits auf die intensive Ausbildung im Amt Berkenthin aufmerksam geworden. Dadurch haben wir jetzt einen tollen Austausch und lernen noch viel mehr Möglichkeiten des Systems kennen“, sagt Koop. Der Gurt lässt sich aus dem Atemschutzgerät auslösen und eigenständig nutzen, wenn an einer Stelle im absturzgefährdeten Bereich kein Atemschutz, wohl aber eine Absturzsicherung erforderlich sein sollte. Bisher nutzten die Feuerwehrleute lediglich den Feuerwehrhaltegurt, um sich zu schützen. Mit den bekannten eingeschränkten Möglichkeiten, die dieser Gurt bietet. Koop: „Durch unseren Safety Belt verteilt sich die Last im Notfall viel besser. Statt nur am Becken, hält das System auch am Oberkörper.“ Mit Karabinern und Bandschlingen lässt sich so bei Arbeiten auf Dächern eine gute Sicherung herstellen.

Text und Fotos: Timo Jann, Feuerwehr-Magazin-Autor

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